Forschungs- und Entwicklungsrisiken

Für diese Risikokategorie ist die Eintrittswahrscheinlichkeit mit hoch (Vorjahr: hoch) und das Schadenausmaß mit mittel (Vorjahr: mittel) bewertet.

Die größten Risiken aus dem GRC-Regelprozess und dem RQP resultieren aus einer nicht bedarfs- und anforderungsgerechten Produktentwicklung insbesondere im Hinblick auf Elektromobilität und Digitalisierung.

Risiken aus Forschung und Entwicklung

Die Automobilbranche befindet sich in einem grundlegenden Transformationsprozess. Für weltweit agierende Konzerne wie Volkswagen ergeben sich daraus Risiken in den Feldern Kunde/Markt, technologischer Fortschritt und Gesetzgebung. Ein Risiko besteht in der Umsetzung der sich immer weiter verschärfenden Abgas- und Verbrauchsvorschriften unter Berücksichtigung neuer Prüfverfahren und Testzyklen (zum Beispiel Worldwide Harmonized Light-Duty Vehicles Test Procedure, WLTP) sowie in der Einhaltung von Zulassungsverfahren (Homologation), die sich zunehmend komplexer und zeitlich aufwendiger gestalten und national differenziert sein können.

Auf nationaler und internationaler Ebene bestehen eine Vielzahl von rechtlichen Vorgaben bezüglich der Verwendung, des Umgangs und der Lagerung von Stoffen und Gemischen (einschließlich Beschränkungen bezüglich Chemikalien, Schwermetallen, Bioziden, persistenten organischen Schadstoffen). Aufgrund dessen besteht das Risiko von Nichtkonformitäten bei Herstellung, Bezug und Inverkehrbringen von Erzeugnissen, zum Beispiel Automobile oder Ersatzteile.

Der wirtschaftliche Erfolg und die Wettbewerbsfähigkeit des Volkswagen Konzerns hängen davon ab, inwiefern es uns gelingt, unser Produkt- und Dienstleistungsportfolio zeitnah an die sich ändernden Rahmenbedingungen anzupassen. Aufgrund der Intensität des Wettbewerbs und der Geschwindigkeit der technologischen Entwicklung, beispielsweise im Bereich der Digitalisierung oder des automatisierten Fahrens, besteht das Risiko, dass relevante Trends nicht frühzeitig erkannt werden, um entsprechend zu reagieren.

Wir orientieren uns an physikalischen und anderen wissenschaftlichen Erkenntnissen. Darüber hinaus führen wir unter anderem Trendanalysen und Kundenbefragungen durch und überprüfen die Relevanz der Ergebnisse für unsere Kunden. Dem Risiko, dass Module, Fahrzeuge oder Services – insbesondere im Hinblick auf Elektromobilität und Digitalisierung – nicht im vorgesehenen Zeitrahmen, in der entsprechenden Qualität oder zu den vorgegebenen Kosten entwickelt werden können, begegnen wir, indem wir kontinuierlich und systematisch den Fortschritt sämtlicher Projekte überprüfen; aktuell auch vor dem Hintergrund der Covid-19-Pandemie.

Das Risiko von Patentverletzungen reduzieren wir, indem wir intensiv die Schutzrechte Dritter analysieren, zunehmend auch im Hinblick auf Kommunikationstechnologien.

Die Ergebnisse aller Analysen gleichen wir regelmäßig mit den Zielvorgaben des jeweiligen Projekts ab; bei Abweichungen leiten wir rechtzeitig geeignete Gegenmaßnahmen ein. Eine übergreifende Projektorganisation unterstützt die Zusammenarbeit aller am Prozess beteiligten Bereiche. So soll sichergestellt werden, dass spezifische Anforderungen zeitnah in den Entwicklungsprozess eingebracht werden und dass die Umsetzung dieser Anforderungen rechtzeitig eingeplant wird.

Risiken und Chancen aus der Baukastenstrategie

Unsere Baukästen erweitern wir kontinuierlich und orientieren uns dabei an künftigen Kundenanforderungen, gesetzlichen Regelungen und Infrastrukturanforderungen.

Mit höheren Volumina steigt jedoch das Risiko, dass Störungen in der Lieferkette – zum Beispiel pandemiebedingt – oder Qualitätsprobleme eine zunehmende Zahl von Fahrzeugen betreffen.

Mit dem Modularen Querbaukasten (MQB) ist eine hochflexible Fahrzeugarchitektur entstanden, bei der konzeptbestimmende Abmessungen wie Radstand, Spurbreite, Rädergröße und Sitzposition konzernweit abgestimmt sind und variabel zum Einsatz kommen. Andere Abmessungen, zum Beispiel der Abstand der Pedale zur vorderen Radmitte, sind immer gleich, sodass eine einheitliche Systematik des Vorderwagens gewährleistet ist. Aufgrund der Synergieeffekte, die sich daraus ergeben, sind wir in der Lage, sowohl die Entwicklungskosten als auch den erforderlichen Einmalaufwand und die Fertigungszeiten zu reduzieren. Darüber hinaus können wir dank der Baukästen in einem Werk auf denselben Anlagen verschiedene Modelle verschiedener Marken in unterschiedlicher Stückzahl produzieren. Das bedeutet, dass wir unsere Kapazitäten im ganzen Konzern flexibler nutzen und dadurch Effizienzvorteile erzielen können.

Dieses Prinzip der Vereinheitlichung bei größtmöglicher Flexibilität haben wir auch auf unsere Modularen E-Antriebs-Baukästen MEB und PPE (Premium Plattform Elektrik) übertragen, die konzeptionell auf den reinen Elektroantrieb ausgelegt sind. Die Synergieeffekte und Effizienzvorteile der Baukastenstrategie eröffnen uns die Chance, mit dem Einsatz der ersten Fahrzeuge auf Basis des MEB und PPE die Elektromobilität weltweit in Großserie zu bringen.